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"Ein wichtiger Baustein der hämatologischen Diagnostik"

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 2/2019

 

Akute Myokardinfarkte sind oft nicht leicht zu diagnostizieren. Ein neuer POC-Assay beschleunigt die Abläufe und verschafft wertvolle Zeit für die Behandlung

Text: Dr. Maike Rieks

Was glauben Sie, wie sich die Durchflusszytometrie in der klinischen Diagnostik entwickeln wird?
In den letzten Jahren haben sich Geräte, Reagenzien und Software deutlich weiterentwickelt. Dies macht die gesamte Handhabung der durchflusszytometrischen Diagnostik sehr viel einfacher als zuvor. Deshalb glaube ich, dass die Methode in Zukunft verstärkt Anwendung finden wird. Im Gegensatz zur hämatologischen Diagnostik ist der genaue Stellenwert der Durchflusszytometrie in der Immunologie und anderen Bereichen der Medizin deutlich weniger klar. Aber da wird sich sicherlich viel verändern. Ich kann mir außerdem gut vorstellen, dass es zukünftig spezielle Durchflusszytometer mit festen Anwendungen für spezifische Fragestellungen auf dem Markt geben wird. Einige Anbieter produzieren solche spezialisierten Geräte bereits. Ich denke, diese werden sich verstärkt durchsetzen, weil die Geräte eben auch günstiger und dadurch für Labore erschwinglicher werden.

Wie ist die Durchflusszytometrie in der hämatologischen Diagnostik im Vergleich zu anderen Verfahren wie der Morphologie oder der Molekularbiologie positioniert?
Die Durchflusszytometrie ist aktuell klar ein wichtiger Baustein in der Diagnostik vieler hämatologischer Erkrankungen. Das wird auch in der Zukunft so bleiben. In der Kombination mit der Morphologie wird sie weiterhin notwendig sein, um nach pathologischen Zellpopulationen zu suchen, und um Gruppendiagnosen, wie akute Leukämie oder B-Zell-Lymphom, stellen zu können. Durch die rasanten Fortschritte in der molekularen Diagnostik nimmt aber die Bedeutung molekularer Marker in der Klassifikation der Entitäten immer mehr zu. Dementsprechend verringert sich hier die Bedeutung der durchflusszytometrischen Diagnostik und man muss sie anders in die Diagnostikstrategie integrieren. Beispielsweise basiert die Diagnose einer chronisch-lymphatischen Leukämie vorwiegend auf durchflusszytometrischen und morphologischen Kriterien. Im Gegensatz dazu fordert die WHO-Klassifikation für andere lymphoproliferative Erkrankungen der B-Zellen den Nachweis chromosomaler oder molekularer Veränderungen. Dementsprechend ist es eine sinnvolle Strategie, sich bei der durchflusszytometrischen Diagnostik auf die sichere Abgrenzung einer CLL zu anderen B-NHL zu fokussieren.

Bei welchen hämatologischen Erkrankungen gewinnt oder verliert die Durchflusszytometrie Ihrer Meinung nach an Wert? 
Das lässt sich nur schwer sagen. Ich gehe davon aus, dass die Bedeutung bei der Klassifikation von akuten Leukämien und Non-Hodgkin-Lymphomen abnehmen wird. Daneben eröffnen sich aber auch neue Einsatzgebiete bei hämatologischen Erkrankungen, wo die Durchflusszytometrie lange Zeit keine Rolle gespielt hat, etwa bei der Gruppe der Myelodysplastischen Syndrome. Auch neue und effektivere Therapien bringen weitere Einsatzgebiete hervor. So ist die Bestimmung der minimalen Resterkrankung beim Multiplen Myelom mittlerweile ein anerkanntes Kriterium für das Ansprechen der Erkrankung auf eine Therapie und es ist abzusehen, dass sich das auch bei der chronisch-lymphatischen Leukämie in diese Richtung entwickeln wird.

Welche Indikationen gibt es in der Immunologie für die Durchflusszytometrie?
Ganz klassisch sind hier primäre und sekundäre Immundefekte eine Indikation. Vor allem bei den primären Defekten werden die Messungen zunehmend standardisiert, um eine bessere Vergleichbarkeit zu erreichen, was meiner Meinung nach eine sehr positive Entwicklung ist. Unter den sekundären Defekten spielten lange Zeit vorwiegend HIV-Erkrankungen eine Rolle. Vor dem Hintergrund der alternden Bevölkerung gewinnt vor allem Immunseneszenz an Bedeutung. Hier wird sicherlich zukünftig die Durchflusszytometrie genutzt werden, um sich der Erkrankung diagnostisch anzunähern.

Welche Entwicklungen sind hier zu erwarten?
Die Vision ist, das Immunsystem langfristig genauer charakterisieren zu können. Einerseits, um die Auswirkungen von Therapeutika besser zu verstehen. Bei Autoimmunerkrankungen wird das Immunsystem ja beispielsweise sehr stark durch Medikamente manipuliert. Außerdem wird es darum gehen, immunologische Dysfunktionen zu erkennen, die etwa dazu führen, dass bestimmte Impfungen im Alter nicht mehr wirken, sodass eine Titerkontrolle erforderlich ist. Kurzum werden altersbedingte Immundysfunktionen zunehmend stärker erfasst, um therapeutisch eingreifen zu können.

 

Wie könnte Ihrer Meinung nach ein ideales Zusammenspielzwischen durchflusszytometrischen und anderen diagnostischen Methoden aussehen?

In einer idealen Welt wäre es so, dass die durchflusszytometrische Diagnostik genauso standardisiert abläuft wie die Blutbilddiagnostik. Das wäre auch absolut wünschenswert, weil sich darüber dann evidenzbasiert prüfen ließe, was bestimmte Veränderungen, die sich mittlerweile problemlos messen lassen, tatsächlich aussagen. Leider fehlt es bisher an entsprechenden empirischen Daten. Die mangelhafte Standardisierung ist ein dringendes Problem, das es schnell zu lösen gilt. Eine weitere Herausforderung besteht darin, den Umfang manueller Arbeiten weiter zu reduzieren.

Summary

  • In der Hämatologie behält die durchflusszytometrische Analyse vor allem als Screeningverfahren zur Steuerung weiterer diagnostischer Schritte ihre Bedeutung
  • Die Bedeutung der Durchflusszytometrie in der Immundefektdiagnostik nimmt zu
  • Standardisierung und Automatisierung sind notwendig, um die Evidenz der Aussage der Messergebnisse entscheidend zu verbessern

 

Bildquelle: Sysmex; privat

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