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Neue Wege in der Pathologie

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 2/2020

 

Das Pathologie Institut Enge in Zürich analysiert seit mehr als 20 Jahren onkologische Proben. Wie sich die Arbeit durch Erkenntnisse aus der Tumorforschung verändert hat und neue Technologien Pathologen unterstützen

Text: Stephan Wilk, Verena Fischer

Prof. Dr. med. Marianne Tinguely
ist Institutsleiterin des Pathologie Instituts Enge in Zürich. Zu den Spezialgebieten der Medizinerin gehören die Hämatound Immunpathologie, HNO-, orale und molekulare Pathologie

Das Pathologie Institut Enge ist schon seit 1996 der Zeit stets ein Stück voraus. Jetzt wurde es für seine exzellente diagnostische Arbeit nach den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert. Das Labor ist Partnerinstitut des Brustkrebszentrums sowie des Brust-Zentrums Zürich, kooperiert mit Forschern der Uni Bern sowie der Uni Zürich und die Institutsleiterin Prof. Dr. Marianne Tinguely hat erst kürzlich in einem Pilotprojekt die Digitalisierung des Labors vorangetrieben. Dafür hat die Hämato- und Immunpathologin in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Thurgau in Frauenfeld im Rahmen einer Studie getestet, ob die digitale Analyse von FISH-Gewebeschnitten die händische Auswertung am Mikroskop ersetzen und eine Zeitersparnis bedeuten kann.

„Die Entwicklungen auf der Forschungs- sowie auf der technischen Ebene gehen im Moment extrem schnell voran“, begründet die Institutsleiterin Prof. Dr. Marianne Tinguely ihre Entscheidung, die Digitalisierung von Gewebeschnitten in ihrem Institut einzuführen. „Es ist nach wie vor essenziell, mikroskopisch zu erkennen, um welchen Tumor es sich handelt. Gleichzeitig kommen zusätzliche diagnostische Ansätze wie das Next Generation Sequencing dazu, mit dem mehrere Hundert Gene von Krebszellen gleichzeitig entschlüsselt werden. Das heißt, unsere Diagnostik von Tumorgewebe beinhaltet zum einen nach wie vor die Morphologie, zu der gehört, dass wir uns Proteine an der Zelloberfläche anschauen. Und dann gehen wir in die Tiefe und betrachten auch die genetischen Veränderungen der Zellen. Diese neuen Herausforderungen können wir am besten mit technischen Innovationen meistern.“

„Bei der Digitalisierung von Gewebeschnitten geht es um Schnelligkeit. Um geografische Distanzen, die man überwinden kann“

Prof. Dr. med. Marianne Tinguely

 

Tumore ganzheitlich scannen
Um Tumorgewebe morphologisch zu analysieren, wird zunächst die Zelloberfläche mikroskopisch betrachtet. Dafür kommt die konventionelle Hämatoxylin-Eosin-Färbung zum Einsatz, die verschiedene Strukturen sichtbar macht. Im zweiten Schritt folgt die immunhistochemische Untersuchung, bei der diagnostische Antikörper spezifische Proteine auf der Zelloberfläche markieren. Für die molekulare Untersuchung wird unter anderem die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung, auch FISH-Verfahren genannt, eingesetzt, bei der Chromosomenabschnitte innerhalb der Zellen mithilfe von fluoreszierenden Farbstoffen kenntlich gemacht werden: „Diese molekularen Untersuchungen ermöglichen es, den Tumor genauer zu charakterisieren und zu klassifizieren. Und es können damit genetische Veränderungen gefunden werden, die uns Hinweise geben, welche Therapien für den Patienten am besten geeignet sind. Man nennt das auch prädiktive Untersuchungen“, erklärt Prof. Tinguely.

Die anhand der umfangreichen Analysen erzielten Befunde geben die Mitarbeiter des Privatlabors nicht nur an Kliniker weiter – die Pathologen beteiligen sich auch aktiv an der Besprechung der klinischen, bildgebenden und histopathologischen Ergebnisse sowie an interdisziplinären Tumorboards.

„Allein in der Zusammenarbeit mit zertifizierten Tumorzentren ergibt sich mindestens einmal wöchentlich eine klinisch-pathologische Konferenz, bei der wir uns mit den Medizinern über konkrete Patientenfälle austauschen“, bestätigt Tinguely. „Um dafür optimal vorbereitet zu sein, nutzen wir neuerdings die Möglichkeit, Gewebeschnitte zu digitalisieren. Denn so erreichen wir eine präzisere Darstellung und können die Befunde besser besprechen.“

„Wir sind ziemlich stolz darauf, dass wir die FISHSlides jetzt digitalisiert befunden können und damit so gute Ergebnisse erzielen“


Prof. Dr. med. Marianne Tinguely

 

Technik der Zukunft
Für die Digitalisierung von FISH-Slides ist im Privatlabor Enge nun der Hochgeschwindigkeitsscanner Pannoramic 250 Flash III von 3DHISTECH im Einsatz. In der unter der Leitung von Frau Prof. Tinguely durchgeführten Studie zur Evaluation des Systems erreichte der Scanner im Vergleich zur händischen Analyse am Mikroskop überzeugende Ergebnisse. Vor allem punkteten seine hohe Bildqualität, verkürzte Analysezeiten sowie eine einfache Bildarchivierung. Gleichzeitig ermöglichen die digitalisierten Schnitte eine Befundung aus der Ferne. „Wir sind ziemlich stolz darauf, dass wir die FISH-Slides jetzt digitalisiert befunden können und damit so gute Ergebnisse erzielen“, bekräftigt Tinguely. „Wir benutzen die Technik außerdem für eine Remote-Diagnostik mit einer Kollegin, die etwa 100 Kilometer von Zürich entfernt wohnt. Es ist ein Riesenvorteil, Schnitte nicht mehr physisch schicken zu müssen, sondern diese unseren Kollegen einfach elektronisch zukommen lassen zu können.“

Krisenbewältigung per Mausklick
Während des Lockdowns hat es eine Situation gegeben, in der die Pathologen das Gewebe eines COVID-19-Erkrankten nach Italien schicken sollten. Nachdem der erste Schnitt beim Transport verloren ging, wurde im zweiten Anlauf ein elektronisches Bild verschickt. „Das ist schon toll, dass man in so einer Situation einfach digital sicher etwas schicken kann, ohne dass es verloren geht, und sich darüber eine Diagnose stellen lässt“, erinnert sich Tinguely. „Insgesamt war diese Möglichkeit für uns während des Lockdowns sehr hilfreich, da wir auch selbst remote arbeiten konnten. Ich bin auch daheim gewesen und konnte vom Sofa aus FISH-Slides anschauen. Und das ist schon genial.“

Die Möglichkeit der Fernbefundung möchte das Privatlabor nun auch nutzen, um von der Expertise eines Kollegen in Thurgau zu profitieren. „Er ist auf Lungentumore spezialisiert, und wenn er Zeit hat, dann haben wir innerhalb weniger Stunden ein Resultat von ihm. Es geht dann auch um Schnelligkeit. Es geht um geografische Distanzen, die man überwinden kann, und es geht eben auch um eine gute Darstellung und einfache Handhabung von Präparaten. Das sind die Aspekte, die ich im Moment als Hauptvorteile der digitalen Gewebeschnitte empfinde“, so Tinguely.

Unterstützende Algorithmen
Bei bestimmten Tumoranalysen, wie der Bestimmung des Östrogen- sowie des Wachstumsfaktorrezeptors HER2 im Brustkarzinomgewebe, lässt sich mithilfe von Algorithmen am digitalen Schnitt vorscreenen und so wertvolle Zeit sparen. „Diese Möglichkeit ist eine Entlastung für uns“, bestätigt Tinguely, die mit ihrem Team eine Befundübermittlung innerhalb von zwölf bis 24 Stunden ermöglicht. „Wir haben dann mehr Zeit, uns um die Auswertung der Gesamtbefunde zu kümmern.“ Diese besprechen die Pathologen dann mit Klinikern, um die beste Therapie für Patienten zu finden. „Eine Patientin mit HER2-Rezeptor positiv bekäme einen therapeutischen Antikörper oder ein Therapeutikum, das die Signalübertragung des Rezeptors blockiert“, erklärt die Pathologin.

Summary

  • Das Pathologie Institut Enge in Zürich digitalisiert FISHSlides neuerdings mit dem Hochgeschwindigkeitsscanner 3DHISTECH Pannoramic 250 Flash III von Sysmex
  • Als Hauptvorteile nennt die Institutsleiterin die Möglichkeit, aus der Ferne zu befunden, den Zeitgewinn und eine gute Darstellung der Präparate
  • Digitale Gewebeslides erleichtern die Besprechung von Befunden. Das Pathologie Institut Enge nutzt diese zur Vorbereitung interdisziplinärer Tumorboards

Fotoquelle: Thomas Eugster

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