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„Anämiemanagement hilft uns, Blutkonserven zu sparen“

XTRA-ARTIKEL AUSGABE 2/2020

 

Für Dr. Stefanie Grützner ist Patient Blood Management ein „Herzensprojekt“. Im Interview berichtet die Direktorin des Instituts für Transfusionsmedizin und Hämostaseologie, wie das Universitätsklinikum Augsburg dieses Konzept umsetzt

Interview mit Dr. Stefanie Grützner

Seit wann arbeiten Sie mit der XN-Automation und welche optionalen Applikationen sind auf den Systemen installiert?
Wir arbeiten damit schon seit Ende 2013 und haben drei XN-Module in die Straße integriert. An zwei Modulen ist der RET-Kanal mit dem Retikulozyten-Hämoglobin verfügbar. Außerdem laufen noch die Bodyfluids und die fluoreszenzmarkierten Thrombozyten mit IPF auf einem Modul.

Wie und aus welchen Beweggründen wurde das Projekt Patient Blood Management im Klinikum Augsburg umgesetzt?
Da Blutkonserven immer knapper werden und die Bevölkerung altert, ist es wichtig, verzichtbare Transfusionen einzusparen. Um Patient Blood Management erfolgreich umzusetzen, haben wir uns in enger Zusammenarbeit mit der Anästhesie überlegt, was wir präoperativ tun können und wie wir beispielsweise Blutentnahmen reduzieren können. Wir haben dann die Entnahmemenge und -frequenz reduziert und es hat insgesamt ein Umdenken stattgefunden, sodass wir nun viel weniger Erythrozytenkonzentrate benötigen.

Wie führen Sie am Uniklinikum Augsburg das Anämiemanagement im Sinne von Patient Blood Management durch?
Bei Patienten, die eine elektive OP vor sich haben, geht es uns darum, bestehende Anämien zu erkennen und zu behandeln. Hierfür haben wir ein MVZ in der Anästhesie etabliert, in dem Patienten bis zu sechs Wochen vor ihrer OP in einer Prämedikationsambulanz vorstellig und bei einer entsprechenden Konstellation der Ausgangswerte mit Eisen substituiert werden. Auch wenn wir weniger Zeit haben, lässt sich mit intravenöser Eisengabe noch einiges erreichen. Bei Erstvorstellung wird zunächst der HB-Wert betrachtet. Ist er zu niedrig, ist bei uns ein Algorithmus im LIS hinterlegt, der automatisch weitere Werte, wie die Retikulozyten-Nachbestimmung einschließlich RET-He, Ferritin, Transferrin und Transferrinsättigung anfordert. So bestimmen wir zunächst nur das Nötigste, können aber nachfordern und der Patient muss nicht noch mal anreisen. Auch für die Anästhesisten ist es einfach, nur den Nachforderungsbutton zu aktivieren, ohne lange nach den richtigen Parametern zu suchen. Dann wird der Patient zur Eisensubstitution erneut einbestellt.

Wo sehen Sie den Vorteil in der Nutzung des Parameters RET-He gegenüber herkömmlichen Markern in der Anämiediagnostik?
Mit RET-He bin ich von der Akutphasesituation unabhängig, was bei vielen orthopädischen OPs, aber natürlich auch bei Tumorleiden eine Rolle spielt. Das zweite Wichtige ist, dass RETHe schon sehr früh einen Eisenmangel anzeigt. Es kommt ja aus den jugendlichen Erys, den Retikulozyten, die die Situation der letzten Woche abbilden. Außerdem ist RET-He als Parameter für die Verlaufskontrolle bestens geeignet. RET-He steigt nach intravenöser Eisengabe schon nach drei bis fünf Tagen an, und so zeigt sich relativ schnell, ob die Therapie anschlägt. Ferritin braucht natürlich, je nachdem, wie niedrig der Wert ist, einfach länger. Das Ansprechen der intravenösen Eisengabe sehe ich zuerst am RET-He, noch bevor der HB-Wert steigt. Sobald ein Patient mit Eisen substituiert wird, sind die Retis immer ein
Thema, und bei uns gibt es keine Reti-Zählung ohne RET-He. Ein weiterer Vorteil ist, dass RET-He aus dem Blutbildröhrchen kommt, das eh abgenommen wird.

Wo kann RET-He andere klinisch-chemische Marker ersetzen?
Welche Parameter benötigt werden, ist immer abhängig von der Fragestellung. Geht es also um ein Therapiemonitoring oder darum zu testen, ob ein Eisenmangel vorliegt? Im ersten Fall ist es nicht nötig, laufend alle Parameter zu bestimmen, und durchaus möglich, mit RET-He auszukommen. Für die Bestimmung des gesamten Eisenstatus braucht es aber das Ferritin.

Und wer übernimmt das Monitoring nach der OP?
Da sprechen Sie einen wunden Punkt an. Wenn der Patient relativ schnell postoperativ entlassen wird, dann haben wir ja diese schwierige Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Struktur. Es wäre sicher  wünschenswert, wenn dann über den Hausarzt im weiteren Verlauf RET-He verfolgt würde.

Fotoquelle: Universitätsklinikum Augsburg

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